brigitta heidtmann

areale raum + grenzen

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23.02.2022 Kommentare geschlossen

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Ähnliche Wirkmechanismen treten uns in Brigitta Heidtmanns Objekten entgegen. Ihren Konstruktionen mit architektonischem Charakter gehen konkrete Planungsarbeiten voraus, technische Zeichnungen, die im fertigen Objekt eine Körperlichkeit erhalten, der ihr zweidimensionaler Ursprung immer noch anzusehen ist. Am deutlichsten wird dies in Wandobjekten, die durch Wiederholung und Reihung einer Form zu einer Art Schraffur im Raum avancieren.
Heidtmann ist interessiert am Verhältnis der Linie zum und im Raum, von Volumen und Maß. Halbkugeln und konische Formen aus schmalen, von Hand oder seit kurzem mit Laser zurechtgeschnittenen Schichtholzleisten behaupten sich raumgreifend und sind gleichsam durch ihre skelettartige Struktur nicht dominant.
Beim Umschreiten und im Wechsel der Perspektiven wird die Wandelbarkeit der Strukturen und Formen evoziert. Im Schattenwurf der Formen erfahren diese eine zeichnerische, spielerische Fortführung, abgewandelt und temporär an die Bedingungen des Ortes gebunden. Diese mathematisch-technischen Objekte sind mit ihrem konstruktivistischen Charakter nur scheinbar von dem sie umgebenen Raum losgelöst. Spätestens in der Betrachtung, durch das In-Ein-Verhältnis-
Zueinander-Setzen mit den Betrachtenden, werden sie in ihrer eigenen Körperlichkeit und in Abhängigkeit des umgebenden Raumes konkret in diesem verankert. Diese Beziehung zu erspüren, macht den Reiz der Objekte aus.
Betrachtet man die von Hand gesägten und gebauten Objekten genauer und schaut hinter den ersten Eindruck einer perfekt geometrischen Konstruktion, werden Momente sichtbar, die den Prozess der Herstellung offenlegen. Durch sichtbare Zeichenlinien, leicht überschüssige Module und Splitterungen im Holz haftet den Objekten eine zeitlich-prozessuale Dimension an, die jenseits
konstruktivistischer Perfektion die im Werk steckende Arbeit auf seiner Oberfläche präsentiert. Wir können das Vorgehen Heidtmanns erahnen, die vorausgehenden Prozesse, die Stufen der Entwicklung, die zu diesem Endprodukt geführt haben.
Heidtmanns Werkgenese beschränkt sich jedoch nicht auf das technisch-planerischen Vorgehen. Oft entstehen aus Sägeresten eigene Objekte, unvorhergesehene Formen, Negative die zu Positiven
werden, Reste, die zu etwas Eigenständigem gemacht werden. Der damit einhergehende Vorgang der Umdeutung und Aufladung ist eng verwandt mit den Arbeiten von Michael Lukas, auch wenn sie formal kaum unterschiedlicher sein könnten.
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Inke Maria Hahnen M.A.
Auszug aus Einführung areale raum + grenzen 2022